Rezension: Das Lied der Krähen (Leigh Bardugo)

Leigh Bardugo - Das Lied der Krähen
(Copyright Cover: Droemer-Knaur Verlag / Copyright Foto: Das Bambusblatt)

„Das Lied der Krähen“ von Leigh Bardugo ist der erste Band ihrer Krähen-Duologie, die im selben Universum wie die Grisha-Trilogie spielt und auf ihr aufbaut. Es erschien in Deutschland als Broschur am 02. Oktober 2017 als erstes Buch des GrishaVerse im Droemer-Knaur Verlag.

Während die Grisha-Trilogie hauptsächlich in Ravka spielt, reisen wir mit den Krähen dieses Mal auf die Insel Kerch und in die dortige Stadt Ketterdam. Im Barrel dieser Stadt leben sechs unberechenbare Außenseiter, angeführt von dem 17-jährigen Kaz Brekker, der dort besser als Dirtyhands bekannt ist. Er ist ein Meister als Dieb und im Pläneschmieden – und darin, sie auch tatsächlich erfolgreich umzusetzen, egal was oder wer ihm dabei in die Quere kommt.
In seiner Mannschaft versammelt er völlig unterschiedliche Menschen.
Inej, eine Spionin, die man „das Phantom“ nennt und die sich in jedes Gebäude unbemerkt hineinschleichen kann.
Jesper, einen Scharfschützen mit einer Schwäche für Glücksspiel.
Nina, eine Grisha aus Ravka, die in die Hände der Fjerdan geraten ist und nach ihrer Flucht versucht, in Ketterdam ihre Schuld zu begleichen.
Matthias, einen verurteilten Fjerdan, der Rache geschworen hat.
Und Wylan, einen Jungen aus gutem Haus, der unter unbekannten Umständen im Barrel gelandet ist.
Mit diesen fünf Außenseitern nimmt Kaz Brekker einen gefährlichen Auftrag an. Sie sollen nach Fjerda reisen, bis ins Eistribunal, um Bo Yul-Bayur aus dem Gefängnis zu befreien, denn Ravka und all die anderen Länder werden von einer Droge namens Jurda Parem gefährdet. Sie verändert die Wahrnehmung der Grisha und lässt ihre Kräfte beinahe bis ins Unermessliche steigen, während es sie abhängig macht und gleichzeitig rasant auslaugt. Wer demnach im Besitz dieser Droge ist, kann die abhängigen Grisha kontrollieren und sich den anderen Ländern gegenüber einen äußerst mächtigen Vorteil verschaffen.
Der Krämer Jan van Eck bietet Kaz für diesen Auftrag eine Summe an, die dieser nicht ablehnen kann, und so machen sich die sechs Krähen auf nach Fjerda, mit einem waghalsigen Plan in das bestgesicherte Gefängnis der Welt einzubrechen.

„Das Lied der Krähen“ ist ganz anders als die Grisha-Trilogie. War diese noch eine Jugendbuchreihe, merkt man bei dieser Geschichte, dass sie deutlich erwachsener ist. Leigh Bardugo zeichnet ein äußerst düsteres Bild von Ketterdam und ihren Charakteren, obwohl die erzählte Geschichte an sich weniger dramatisch ist als in der Grisha-Trilogie. Zwar hängt auch hier das Schicksal der ganzen Welt von den Protagonisten ab, doch aufgrund von deren Charaktereigenschaften kann Leigh Bardugo sich hier viel mehr auf die Pläne und Beweggründe der Figuren konzentrieren, die alle ganz unterschiedlich sind.
Gleich vorneweg muss man sagen, dass man am besten die Grisha-Trilogie zuvor gelesen haben sollte, dann versteht man viele Kleinigkeiten besser, da man dort die Grisha und ihre Welt sehr detailliert und liebevoll gestaltet kennenlernt.
„Das Lied der Krähen“ erzählt im Grunde eine kürzere und doch viel ausgereiftere Geschichte als die Grisha-Trilogie. Die Szenen sind länger und ausgearbeiteter, der Schreibstil ein völlig anderer. Was natürlich auch daran liegt, dass Leigh Bardugo sich sicherlich weiterentwickelt hat und man es hier nicht mit einer Jugendbuchreihe zu tun hat.
Auch die Charaktere sind facettenreicher und alle sechs sehr interessant. Jeder wird seine Lieblinge haben und es wird bestimmt auch Leser geben, die nicht alle der Hauptfiguren mögen, aber ich kann Letzteres nicht von mir behaupten. Sie sind alle unterschiedlich gestaltet und haben – wie oben bereits erwähnt – ihre eigenen Beweggründe, warum sie sich auf den Weg zum Eistribunal machen. Beweggründe, die alle sehr gut nachvollziehbar sind und die dem Leser nach und nach offenbart werden.
Womit ich aber auch schon zum größten Kritikpunkt bei den Krähen komme. Anfangs werden dem Leser immer wieder kleine Häppchen hingeworfen, was die Gründe und die Vergangenheit der Figuren angeht, so dass man sie langsam kennenlernt und sich alles zusammenreimen kann. Und plötzlich fängt Leigh Bardugo an, beinahe aus dem Nichts eine Art Flashbacks einzubauen, um zu erzählen, was damals passiert ist. Das ist zwar interessant, reißt einen aber aus der Geschichte und dem Lesefluss heraus, da diese Flashbacks auch immer über mehrere Seiten gehen. Vor allem wirkt es etwas seltsam, da sie sich davor noch Mühe gegeben hat, nur Andeutungen zu machen und die Backgroundstory langsam zu enthüllen.
Ein zweiter größerer Kritikpunkt ist für mich das Alter der Protagonisten. Ebenso wie Kaz sind die anderen Krähen auch alle um die 17 und sicherlich sind sie mit ihrer Hintergrundgeschichte schneller erwachsen geworden, dennoch finde ich es nicht passend. In der Grisha-Trilogie als Jugendbuchreihe hat das Alter der Figuren noch Sinn ergeben und sie haben ihrem Alter entsprechend gehandelt. Bei den Krähen jedoch fällt es mir allerdings schwer, eben das wirklich ernst zu nehmen.
Ansonsten ist die Geschichte rund um die Krähen und ihren Auftrag spannend und mitreißend erzählt und die Aufmachung des Buches ist – wie schon bei der Neuauflage der Grisha-Trilogie – ein Traum. Es reiht sich perfekt in die Gestaltung der anderen Bücher ein oder vielleicht sollte man sagen, diese passen sich perfekt den Krähen an, da sie im Droemer-Knaur Verlag ja erst danach erschienen.
Das gesamte Cover ist eher dunkel gehalten, nur die Schrift sticht in Weiß und Rot hervor. Besonders gut gefällt mir dabei der Krähenflügel, der sich mit Ketterdam vermischt, was zumindest uns beim ersten Blick nicht aufgefallen ist.
Ich muss zugeben, dass ich eigentlich kein Fan von farbigen Buchschnitten bin, aber bei „Das Lied der Krähen“ passt es perfekt ins Gesamtbild und natürlich fällt es im Buchladen dadurch auch deutlich mehr auf.
Auch das Innere ist wieder wunderschön gestaltet. Wie bei der Neuauflage der Grisha-Trilogie hat man einen Überblick über die einzelnen Grisha-Orden und in diesem Fall sogar zwei Landkarten. Im vorderen Teil ist die ganze Welt abgebildet, im hinteren Teil gibt es einen Überblick über das Eistribunal.

Mein Fazit

Wer unsere Rezensionen zur Grisha-Trilogie gelesen hat, weiß, dass ich bereits diese Reihe geliebt habe, und kann sich sicherlich denken, wie neugierig und gespannt ich demnach auf die Krähen-Duologie war.
Obwohl „Das Lied der Krähen“ so ganz anders ist als seine Vorgänger, hat es mir unheimlich gut gefallen und ähnlich stark an die Seiten gefesselt. Es ist düsterer, viel düsterer, und deutlich ausgearbeiteter. Man merkt, dass Leigh Bardugo sich auch bei dieser Geschichte wahnsinnig viel Mühe gegeben hat, um die Fans der Grisha-Reihe und neue Leser wieder in ihre detailliert gestaltete Welt hineinzuziehen.
Wie jedes Buch hat auch „Das Lied der Krähen“ seine Schwächen, die größte davon sind die Flashbacks, die dem Leser die spannenden Hintergrundgeschichten am Stück präsentieren und ihn aus dem Lesefluss reißen.
Ansonsten kann man über den Schreibstil nichts Negatives sagen und die Gestaltung ist wie bei den anderen Büchern des GrishaVerse ein absoluter Traum.
Wer also die Trilogie schon gelesen hat und sich nicht an einer erwachseneren und düstereren Fortsetzung stört, wird an „Das Lied der Krähen“ definitiv seine Freude haben.

Geschrieben von Roberta

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Verlagsseite des Buches
„Das Lied der Krähen“ bei Thalia*

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Eine weitere Meinung zu „Das Lied der Krähen“ findet Ihr auch auf dem Blog von Roman-Tipps.

13 Kommentare zu „Rezension: Das Lied der Krähen (Leigh Bardugo)“

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