Interviewrunde 2: June Thalia Michael – Autor*in

Auszug vom Cover von June Thalia Michael "Gefangen zwischen Eis und Feuer"
(Copyright June T. Michael unter Verwendung eines Shutterstock-Fotos mit der Nummer 1314943754, Fotografie von „Monstar Studio)

Willkommen in der zweiten Runde der Interviews. Dieses Mal haben wir die Fragebögen je nach Tätigungsfeld umgestellt. Wenn Du Inspiration beim Ausfüllen brauchst, so stehen Dir eine Menge Autoreninterviews auf dem Blog zur Verfügung.
Behalte im Kopf: Das hier ist Dein Interview und Du darfst jeder Zeit Fragen auslassen!
Was Du allerdings nicht darfst – und da gab es in der letzten Runde teilweise wirklich Probleme mit:

  • Fragen auslassen ist in Ordnung, aber bitte lösche sie nicht aus dem Dokument, sondern lass sie stehen.
  • Verändere nichts an der Formatierung. Also was kursiv ist, bleibt kursiv, was dick ist, bleibt dick etc.
  • Verändere nicht die Reihenfolge der Fragen und bitte sieh möglichst davon ab, Fragen miteinander zu kombinieren!
  • Bitte schick das Interview als .doc oder notfalls als .docx (oder Papyrus) Format ein und nicht als zum Beispiel Apple Format.
  • Schick uns gerne noch Fotos von Dir oder Deinen Werken dazu. Links ebenso (diese speisen wir dann vernünftig mit ein). Bitte gib uns die Copyright-Angaben dazu.
  • Lies es am besten Korrektur, wir werden es nämlich nicht machen 🙂
  1. Fangen wir klassisch an. Möchtest Du uns etwas – oder auch viel – über Dich verraten?
    Wieso schreibst Du? Welche war Deine erste Geschichte? Wie sieht es mit Deinem Alltag aus? Familie, Job, Heimat, Haustiere? Was auch immer Du uns wissen lassen möchtest! Dieser Punkt gibt Dir die Freiheit, über Dich selbst zu erzählen. Immerhin bist Du der interessanteste Charakter in Deiner ganz eigenen Geschichte.

Hallo! Ich schreibe unter dem Pseudonym „June Thalia Michael“ erotische Fantasygeschichten, die ich zum Teil auf Amazon, zum Teil auf meinem Blog veröffentliche.
Wieso ich schreibe … schwer zu sagen. Da haben sich viele Faktoren die Klinke in die Hand gegeben. Teils, weil ich mich köstlich über die Tweets von germanerotica amüsiert habe – und obwohl ich eigentlich mit Erotik wenig am Hut hatte, immer wieder dachte „Na, das müsste sogar so ein unbedarftes Weselein wie ich besser hinbekommen … Und Leute kaufen das? Mit echtem Geld und so?“ (Man muss dazu anmerken, dass zumindest einige der von Tristan zitierten Romane wirkten, als hätte da wer ein englisches Buch einmal durch den Google Übersetzer gewolft und das Ergebnis unredigiert als eBook hochgeladen. Einige Zitate waren Geschmackssache / lediglich etwas kitschig, aber oft war die Metaphorik so falsch oder die Anatomie von Menschen/anderen Wesen so hanebüchen wiedergegeben, dass ich mich sehr beim Nachschlagen über zahlreiche gute Rezensionen gewundert habe).
Dazu kam, dass ich ohnehin seit geraumer Zeit mit einer Freundin ein Text-RPG schreibe – Arl Sere, die Welt, in der meine Geschichten spielen, kam in diesem RPG das erste Mal zum Tragen. Ich mag die Welt, ich mag ihre Gesellschaftsform und sie ist geradezu prädestiniert, um ganz viele queere BDSM-Romane darin spielen zu lassen. Also habe ich um Erlaubnis gebeten, unter bestimmten Bedingungen (ich verwende keine Charaktere aus dem gemeinsamen RPG, ich verwende keine von ihr beschriebenen Orte – die Romane spielen hundert Jahre vor unserem gemeinsamen RPG) frei in dieser Welt zu schreiben.
Da sind bestimmt noch einige Faktoren beteiligt gewesen (weil mir nie alle gleichzeitig einfallen, schreibe ich deswegen jedes Mal etwas leicht anderes, wenn ich danach gefragt werde :D), aber das sind zumindest die wichtigsten.
Mein Alltag ist nicht besonders spannend – ich bin chronisch krank, autistisch und wenn mehrere Faktoren zusammenkommen so stark in meinem Alltag eingeschränkt, dass ich derzeit keiner geregelten Arbeit nachgehen kann (Fehlzeiten, Krankschreibungen und so …), also verdiene ich mir mit Textarbeiten was dazu und suche nach Minijobs in meiner Gegend, die ich so legen kann, dass sie mit meinen Krankheiten nicht ins Gehege kommen. Das führt aber auch dazu, dass ich einen Großteil des Tages daheim bin, während Partnerperson arbeitet.
Ich helfe im Garten (sprich: erledige zumindest den Teil der Gartenarbeit, der für mich physisch machbar ist) und im Haushalt, bin für das Essen zuständig (ich liebe es, gut zu essen – und wenn es gut sein soll, macht man es am besten selbst) und beobachte die Vögel, die auf dem Balkon landen und mich vom Schreiben ablenken.
Wenn ich gerade genug Löffel für Hobbys habe, zeichne ich und zocke, was mein klappriger Laptop so hergibt.
Meine Pronomen sind sie/ihr, aber ich mag es, wenn Leute trotzdem daran denken, dass ich keine Frau bin und für mich keine weiblich gegenderten Begriffe verwenden. Ich bevorzuge neutrale. Also beispielsweise: „Das ist June. Sie schreibt Fantasy-Romane mit BDSM-Elementen. June ist Autor*in der Fantastik.“

  1. Was hast Du bereits veröffentlicht? Wo kann man etwas von Dir finden? Verlag, Selbstverlag, gemischt, alles kostenfrei auf Deiner Website? Oder doch auf Seiten wie Fanfiktion?

Ich habe mich bewusst für eine – zumindest für den Anfang – Amazon-only-Veröffentlichung im Selfpublishing erschienen. Zum einen, weil ich die vollkommene Freiheit genieße, tatsächlich alles genau SO machen zu können, wie ich es will (inklusive Illustrationen im Stil von humoristischen Kirchenfenstern und „ich muss mit niemandem diskutieren, dass ich auf Content Notes in meinen Büchern bestehe“, sondern füge die einfach aus Überzeugung ein) und zur Not auch mal schnell (und ohne Zuzahlung etwas ändern zu können. Zum anderen, weil meine Nische im deutschsprachigen Raum recht einzigartig ist.
Es gibt schlicht keinen Verlag, der genau meine Kombination aus „Kurz- bis mittellanger Roman“, „Fantasy, BDSM, Slice of life“ und „queer“ abdeckt. Und wenn es in die Richtung geht, dann sind oft Liebesgeschichten gesucht.
Daher veröffentliche ich glücklich im Selfpublishing und tobe mich dabei kreativ aus. Es macht außerdem Spaß!
Zusätzlich gibt es von mir öffentlich lesbare Drabbles und Doppel-Drabbles auf meiner Homepage – diese werden auf einer Überblicksseite verlinkt und mit einem Passwort geschützt, damit nicht Leute zufällig über Erotik stolpern, ohne explizit damit einverstanden zu sein.
In Kurzform: Bisher gibt es von mir den Roman „Gefangen zwischen Eis und Feuer“ auf Amazon und zwei Drabble-Sammlungen auf meiner Homepage.

Das Cover von June Thalia Michael "Gefangen zwischen Eis und Feuer"
(Copyright June T. Michael unter Verwendung eines Shutterstock-Fotos mit der Nummer 1314943754, Fotografie von „Monstar Studio)
  1. Gibt es Mitautoren? Stell sie ruhig vor! Haben sie auch etwas einzeln veröffentlicht? Du darfst gerne etwas Werbung machen! Wenn nicht, kannst Du es Dir vorstellen oder hattest einmal welche?

Bisher nicht – ich habe meine Schreibrollenspiel-Partnerin und ich habe einige Geschichten mit anderen Leuten für den Privatgebrauch geschrieben, aber das ist nicht das Gleiche wie eine Mit-Autorinnenschaft. Aber was nicht ist, kann ja vielleicht noch werden. Ich weiß von einigen Autorinnen, die gerne mit mir ein Buch schreiben würden und es gibt einige, mit denen ich gern schreiben würde.

  1. Kennst Du den NaNo? Wenn ja, wie machst Du dort mit? Welche Erfolge hattest Du bereits? Oder siehst Du nur gerne zu, wie wir anderen Autoren uns im Schlamm wälzen? Hast Du noch nie davon gehört?

Ich habe letztes Jahr mitgemacht.
Aufgrund von Mental Health war ich allerdings nicht besonders erfolgreich und weiß nicht, ob ich dieses Jahr wieder mitmachen möchte. Vielleicht mache ich inoffiziell mit einem kleineren Ziel mit, das weiß ich noch nicht. Vielleicht geht es mir auch dieses Jahr besser, als letztes Mal? Aber ich weiß es leider nicht – im besten Fall habe ich bis zum November mein Manuskript sogar schon fertig.
Mir hilft es tatsächlich sehr, an quantitativen Challenges teilzunehmen und das, was ich schreibe, wird dadurch nicht schlechter. Im Gegenteil. Aber ich kann es gerade nicht abschätzen.

  1. Bist Du in einem Schreibforum aktiv? Warst Du es? Oder hältst Du nichts davon?

Unter dem Namen „June T. Michael“ bin ich in einem Forum angemeldet, um mich über das Schreiben von Erotik auszutauschen und nehme dort regelmäßig an Schreibchallenges teil.
Falls „Schreibforum“ im weitesten Sinne gemeint ist:

  • ich habe einen Discord-Server für den Austausch über das Schreiben von BDSM-Geschichten, weil ich das Gefühl habe, dass bei speziellen Fragen ein spezialisiertes Schreibforum einfach hilfreicher ist als ein allgemeines (und sich beim Schreiben von BDSM-Geschichten oft Probleme stellen, die in anderen Genres weniger präsent sind), wir sind also eine kleine Expert*innenrunde
  • Ich bin in einem Discord-Server für Autor*innen aktiv, wo sich allgemein übers Schreiben und Veröffentlichen ausgetauscht wird
    Ich halte Schreibcommunities für eine sehr praktische Sache, allerdings muss die Chemie zwischen der Community und mir stimmen. Als nicht-binäre Person ist mir beispielsweise wichtig, dass mir meine schlichte Existenz nicht abgesprochen wird.
  1. Welche Art Schreiber bist Du? Plotter? Pantser? Plantser? Oder doch eher etwas anderes?

Ich bin eindeutig plantsend unterwegs. Das, was ich relativ genau plotte, sind Sexszenen, denn ebenso wie eine echte BDSM-Session geplant werden will, will das auch eine solche in einem Roman. Sie erfordert Vorbereitung („Welche Möbel benötige ich? Brauche ich Materialien? Habe ich das Vorhandensein dieser Materialien schon mal in einer vergangenen Szene angeteasert oder muss ich beschreiben, wo sie sich finden?“), Planung („Okay, sowohl ausgedehntes Spanking für sich als auch ausgedehntes Bondage macht müde und benötigt Zeit, sofern bei letzterem nicht eine Standard-Fesselung kommt, die Figur aus dem FF kann. Also wie setze ich die Elemente sinnvoll zusammen?“) und Recherche („Okay, ich habe hier in meinem Inspirationsordner diese wunderhübsche Fesselung, aber wie geht die?“ oder „Es würde zu meiner Figur passen, zum Schlagen Werkzeug x zu verwenden – existiert sowas?“).
Ansonsten weiß ich meist nur sehr vage, wo die Handlung hingeht. Es gibt ein Motto, unter dem die jeweiligen Bände stehen und das den roten Faden vorgibt, aber das war es auch schon.

  1. Gehörst Du zu den Schreibern, die alles in einem Dokument runter rattern und dann korrigieren oder zu denen, die für jedes Kapitel ein eigenes Dokument haben? Oder wie machst Du das?

Ich habe ein szenenbasiertes Schreibprogramm, sodass sich diese Frage nicht stellt. Jedes Kapitel steht in einer eigenen „Szene“, theoretisch kann ich in Kapiteln auch „Unter-Szenen“ erstellen, das gibt dann im automatischen Satz der elektronischen Version eine schönere Ausgabe.
Das Überarbeiten mache ich dann in genau diesen Kapiteln und wenn mir etwas auffällt, was ich geändert habe und das Auswirkungen hat, kann ich in ein anderes springen, es beheben und dann an der gleichen Stelle weitermachen. Es ist praktisch.

  1. Welche Freizeitaktivitäten hast Du, die Dir beim Schreiben helfen? Zum Beispiel Bogenschießen oder Reiten.

Ich habe keine „hilfreichen“ Hobbys, eher dienen die Hobbys dazu, dass ich auch mal was anderes mache, als nur ständig zu schreiben. Ich kümmere mich mit meiner Partnerperson um den Garten, zeichne (das ist sekundär hilfreich, denn ich illustriere meine Bücher selbst) und twittere. Twittern ist insofern hilfreich, dass ich darüber viele Leute kennen gelernt habe, die mir dann beim Lesen meines Buches wunderschönes Feedback schrieben, das mich zu Tränen gerührt hat und motiviert, weiterzumachen.

Eine Zeichnung von Sailor Demiflux erstellt von der Autorin June Thalia Michael, Outfit inspiriert von Naoko Takeuchi
(Copyright June T. Michael// Outfit inspiriert von Naoko Takeuchi)
  1. Welches Genre bedienst Du am Liebsten und weshalb eigentlich?

Wholesome, queer Slice of Life BDSM-Fantasyporn – und ich fürchte, ich schulde für einige dieser Begriffe eine Erklärung, wie das denn bitte zusammenpasst.
Wholesome ist klar. Zumindest mit diesem Pseudonym habe ich für mich beschlossen, Geschichten zu schreiben, die durchaus zwischendurch Unbehagen wecken und reale Probleme aufgreifen, aber die man mit einem guten Gefühl zuklappen können soll. Ein Buch wie ein warmes Bad. Ganz ehrlich? Das haben wir gerade jetzt glaube ich alle bitternötig. Kein Ausblenden von Problemen, sondern Lektüre, an dessen Ende die Probleme auf eine respektvolle, einander zugewendete Weise gelöst werden. Und das halte ich nicht für weichgespült, sondern in einer Welt, in der die Güte einer Geschichte öfter mal daran gemessen wird, wie realistisch sie Gewalt darstellt, für radikal.
Queer – meine Figuren sind in den seltensten Fällen dya cis Männer, die mit dya cis Frauen schlafen. Wenn ich solche Figuren mal habe, dann eher in den Nebenschauplätzen, Drabbles und so, aber ich widme ihnen bewusst keinen eigenen Roman. Warum? Weil das die Romane sind, von denen es die meisten gibt. Dya cis hetero Menschen finden sich repräsentiert, sobald sie einen Buchladen betreten (und selbst da gelten noch Einschränkungen, welche dya cis hets präsentiert werden im Mainstream und welche nicht – das würde hier nur zu weit führen). Alle anderen nicht. Also schreibe ich bevorzugt alle anderen.
Slice of Life – Obwohl die Geschichte in einer Welt spielt, die Magie kennt und diverse Wesen, die in unserer Welt nicht existieren, beheimatet, verzichte ich auf die gängigen Elemente von epischer Fantasy. Es gibt keine großen, weltumspannenden Konflikte, keine Spannungen zwischen Ländern (also es gibt sie schon, aber es ist nicht die Aufgabe meiner Figuren, sich darum zu kümmern). Der Fokus liegt auf dem Alltag der einzelnen Figuren und wie diese ihn meistern, wie sie leben und überleben in einer Welt, die mal mehr mal weniger für sie gemacht ist.
BDSM – Bondage, Dominance / Submission, Sadism/Masochism. Die Erotikanteile meiner Romane bewegen sich im Spannungsfeld dieser vier Buchstaben und zeigen dabei nicht nur eine gewisse Bandbreite auf (nicht alle Figuren mögen alles davon oder nicht in gleichen Anteilen), sondern dienen auch der Entstigmatisierung und Aufklärung. Es ist absolut möglich, BDSM nicht missbräuchlich zu leben (hier haben Bücher wie „Fifty Shades of Grey“ ziemlich viel Schaden angerichtet). Die meisten Geschichten spielen in Erytan, einem Land, in dem eine Form von BDSM die Leitkultur darstellt – weltimmanent wird BDSM sogar als „erytanische Liebe“ bezeichnet.
Fantasy – Der Teil ist selbsterklärend. Die Welt heißt „Arl Sere“ und es gibt darin Magie, sowie Wesen, die keine Menschen sind.
Porn – Die Sexszenen sind detailliert, lang, ausführlich und es wird nicht mit dem ersten Kuss ausgeblendet, sondern alles gezeigt, was gezeigt werden kann.
Weshalb genau das?
Das hängt zum Teil mit dem Grund zusammen, überhaupt mit dem Schreiben anzufangen. Ich hatte bei den Schnipseln auf dem Account „@germanerotica“ immer wieder den „Das kann ja sogar ICH besser“ und daher lag das Genre schon mal nahe. Der Rest ergab sich dann aus den Umständen. Es fühlte sich beim Schreiben einfach richtig an und dann wurde daraus allmählich ein Konzept.

  1. Papier, Laptop, Notebook, Notizblock, Sprachmemos, Handy, Tablet, Bleistift, Füller, Kuli, malst Du Portraits oder Karten? Nenn uns Deine kleinen Helferlein. Auch gerne Programme – wie Papyrus! Gerne mit Empfehlungen.

Ich zeichne sowohl traditionell als auch mit dem Grafiktablet. Da meine Romane mit Kapitelgrafiken verziert werden, muss ich die natürlich auch erstellen. Als Grundlage für das erste Fenster habe ich ein „Kirchenfenster“ auf ein Blatt gezeichnet und es dann mit Hilfe von Vektorgrafiken nachgezogen. Mit dem Grafiktablet und Clip Studio Paint habe ich dann die einzelnen Felder abhängig vom Kapitelinhalt unterschiedlich gefüllt.
Eigentlich wäre mir auch eine Karte sehr lieb, aber ich schaffe es einfach nicht, eine zu erstellen. Komischerweise habe ich eine Art inneren Kompass, wo in einem fiktiven Ort sich was befindet und wie es sich zu einander verhält. Komischerweise, weil genau DAS außerhalb meiner Bücher nicht funktioniert – ich verlaufe mich sogar in größeren Wohnungen oder bin bei mehreren identischen Türen auf einer öffentlichen Toilette schon mal so desorientiert, dass ich nicht weiß, welche ich nehmen soll, um sie zu verlassen. Aber dafür weiß ich, wie Sorlys aufgebaut ist. Okay …
Zum Schreiben selbst nutze ich meist Patchwork (das ist mein liebstes Schreibprogramm und voller nützlicher Features – die Stilanalyse sorgt beispielsweise dafür, dass ich nicht exakt den gleichen Satz drei Mal innerhalb eines Kapitels verwende … und formatiert mir direkt ein schönes eBook). Das Programm begleitet mich schon seit Jahren und die meiste Zeit bin ich sehr zufrieden damit.

Da hatten wir nun die Fragen bezüglich Deiner Selbst. Je mehr Du uns erzählen willst, umso besser. Viele Autoren hatten in der letzten Runde Angst, dass sie viel zu viel geschrieben hätten. Aber das hat dann doch keiner geschafft (keine Herausforderung 😉 ).
Im Gegenteil hatten die meisten, die solche Angst hatten, kein außergewöhnlich langes Interview, also gibt es keinen Grund zur Sorge.

  1. Man kennt es ja, eigentlich sollte man niemals seine Helden treffen. Manchmal ist es jedoch ganz cool – uns ist das zum Beispiel ein Mal passiert – hast Du schon einmal Deinen (Buch-)Helden getroffen oder würdest Du gerne? Wie ist es gelaufen/ wie würdest Du es Dir vorstellen?

Bisher gab es bei mir eigentlich nur Enttäuschungen in Bezug auf die, die ich einst bewundert habe. Eigentlich gibt es da kaum eine Person, die sich nicht früher oder später als in irgendeiner Form problematisch oder toxisch erwiesen hat. Transfeindlich, biologistisch, rassistisch, queerfeindlich im Allgemeinen, sexistisch …
Ich bevorzuge daher, meine Held*innen einfach nicht zu treffen und mir am besten auch keine anzulachen.
Und ich glaube, meine Figuren könnten nicht viel mit mir anfangen. Ich bin zu ruhig und unspontan.

  1. Wo wir gerade bei Helden sind. Die Charaktere sind unsere (Anti-)Helden und halten uns auf Trab. Wie wichtig ist Dir ihre Tiefe? Oder magst Du es beim Lesen/Schreiben eher, sich auf andere Dinge zu konzentrieren? Zum Beispiel die Reise an sich und all ihre Spannung?

Die Figurentiefe ist mir wichtig und eigentlich das Kernstück beim Schreiben. Ordentlich gelebtes BDSM lebt von Kommunikation, ordentlich geschriebenes BDSM lebt davon, dass man nachfühlbar schreibt, wie die einzelnen Figuren jede einzelne Situation erleben. Dem widme ich mich also sehr ausführlich.
Da ich keine „klassische“ Spannung schreibe, sondern der Fokus eher auf Figuren- als auf Handlungsspannung liegt, ist auch da Figurentiefe wichtig. Ich arbeite das allerdings nicht bewusst aus, sondern lasse mich überraschen, was die Figuren zu erzählen haben. Meist packen selbst die unnahbarsten nach einer Weile aus und teilen ihre Dämonen, als wären es Plätzchen.

  1. Wie viel Ärger bringen Dir Deine Figuren? Gehören sie, wie bei uns beim Bambusblatt, zu denen, die sich selbst benennen und Dir ihre Geschichte erzählen oder hast Du alles fest im Griff?

Ganz wie beim Bambusblatt. Ich kann noch so sehr mit der metaphorischen Gerte herumfuchteln, die tun, was sie wollen …

  1. Oben wird es schon halb gefragt, aber: Nutzt Du Zeichnungen für Deine Charaktere? Programme, um sie genau zu erfassen, mit Stammbaum, Aussehen und dergleichen?

Nicht, um sie zu erfassen, aber um mir kleine Details auch wirklich merken zu können. Ich schreibe in meiner sehr rar gesäten Freizeit und bin daher darauf angewiesen, kleine und pfriemelige Details einfach irgendwo übersichtlich nachschlagen zu können.
Die Hauptfiguren besitzen Steckbriefe, die ich nach jedem Roman erweitere, um nichts zu vergessen. Dabei schreibe ich auch dazu, ob sich etwas ändert. Beispielsweise, ob in Band 2 ein neuer Kink entdeckt wird, der in Band 1 noch keine Rolle gespielt hat oder ob man erst in Band 3 erfährt, wie der große Bruder einer Figur heißt.
Theoretisch stünden mir dazu zwar sehr wohl auch Programme zur Verfügung, aber es ist historisch gewachsen, dass ich sowas lieber woanders als im Schreibprogramm ablege, daher … alles per Hand.

  1. Die Frage gab es bereits beim letzten Mal, doch: Musstest Du auf Grund einer Figur schon einmal ein Werk abbrechen?

Nicht aufgrund einer Figur. Ich musste schon Bücher abbrechen, weil sie mich unvorhergesehen und schlimm getriggert haben oder weil sie so langweilig waren, dass ich bei der Lektüre einschlief und das Buch zu schmerzhaft auf meiner Nase landete … Aber nicht aufgrund einer Figur (beim Lesen).
Beim Schreiben … es gibt da eine Geschichte, die ich nie fertig geschrieben habe, weil sie in eine Richtung ging, die sehr ungut wurde. Allerdings ging ich damals noch zur Schule.

  1. Wie sieht es mit realen Vorbildern aus?

Nein.
(Die Gründe dafür stehen bei der Antwort zu 11.)

  1. Welche ist Deine beste Figur? Beziehungsweise Deine am meisten Geliebte? Und welche ist genau das Gegenteil?

Das ist eine gemeine Frage. Ich habe sie alle lieb und eigentlich kenne ich sie doch alle noch gar nicht so gut, dass ich sagen könnte, wen ich am meisten mag. Sie überraschen mich einfach immer wieder mit neuen Gründen, sie zu mögen. Auch die „garstigeren“ unter ihnen. (Ja, mit „garstig“ meine ich Namalenia, aber ich mag die trotzdem.)

  1. Wenn Du ungehorsame Figuren hast, wie würdest Du sie manchmal am liebsten „bestrafen“ (oder machst es im Buch sogar) oder was würdest Du ihnen gerne einmal freundlich ins Gesicht schreien?

Jetzt muss ich sehr lachen, weil ich nun das Bild von meinen Figuren als bratty Subs habe, die einfach nie tun, was ich mache und die ich mit Fächerhieben gefügig machen muss.
Verlockend, aber nein, so läuft es nicht, auch wenn ich sie ab und zu gerne hauen würde. Meist werden sie im Laufe der Handlung ganz ohne mein Zutun bestraft, schließlich reiten sie sich dadurch in Fehler und Ärger rein und den dürfen sie dann allein ausbaden, während ich seufzend denke, dass ich es doch von Anfang an gesagt habe …

  1. Hast Du schon mal einen Charakter getötet, bei dem Du das eigentlich nicht wolltest? Denkst Du da an Konsequenzen? Oder hat doch mal einer überlebt, der eigentlich seine Zeit hinter sich hatte?

Dazu kann ich tatsächlich nichts sagen, bisher sind in „Erotische Abenteuer in Arl Sere“ Charaktertode nicht passiert und es war auch keiner vorgesehen. Und das würde auch nicht in mein Konzept passen.

  1. Hat eine traurige Szene in Deinen eigenen Werken Dich wirklich, und nicht nur so dahin gesagt, zu Tränen gerührt, weil die Figuren Dir so am Herzen lagen? Muss auch keine negative Szene sein, vielleicht haben sie sich endlich geküsst oder gar geheiratet? Vielleicht hast Du auch nicht mit ihnen gefühlt, sondern warst einfach nur sehr erleichtert, dass sie es gebacken bekommen haben?

Oh, die Figuren können sowas von niedlich sein … Ich heule gerne bei berührenden Szenen, bei denen die Figuren sich aussprechen, sich selbst erkennen und begreifen, dass sie angenommen werden. Also es gab in Band 1 mehrere Szenen, bei denen ich geweint habe.

Dann gehen wir nun einmal in die letzte Etappe!

  1. Als Autor bist Du vermutlich selbst Leser. Beschreibe uns doch gerne Deinen perfekten Leseabend, Lesemorgen oder wie auch immer Du liest. Ist das Notizbuch dabei stets gezückt? Stürzt Du Dich direkt auf jedes neue Werk Deines Lieblingsautors oder bist Du da eher „gildenfrei“ oder entspannt?

Ich lese sehr, sehr selten zum Vergnügen. Die Zeit habe ich in letzter Zeit einfach nicht mehr (allerdings hoffe ich, dass sich das ändert). Ansonsten bin ich aber sehr anspruchslos, was die Umstände angeht. Hauptsache, ein Buch ist vorhanden und etwas, was als Medium dient.
Tendenziell bin ich gildenfrei, aber wenn ich schon kaufe und lese, dann eher Bücher von Kleinverlagen oder dem Selbstverlag und da bekommen eher Bücher den Zuschlag, die sich mit queeren Themen auseinandersetzen und andere Perspektiven als die von weißen, abled, neurotypischen dya cis Männern aufzeigt. Also Bücher von FLINT.

  1. Hast Du Dich schon einmal an eine Lesung getraut? Vielleicht ja nicht in einer Buchhandlung, aber eine Wohnzimmerlesung oder über einen Discordserver für Autoren? Das alles kommt ja immer mehr. Oder willst Du – verständlicherweise – niemanden einfach in Deine Wohnung lassen? Traust Du Dich laut vorzulesen?

Das ist für mich ziemlich kompliziert, da ich unter einem geschlossenen Pseudonym schreibe – für eine Lesung „mit Gesicht“ müsste ich mich irgendwie vollständig maskieren … Ne, das ist mir zu heikel und wo mein Haus wohnt, müssen auch nicht alle wissen (aus genau diesem Grund!)
Rein online hat sich bisher nicht ergeben – aber was nicht ist, kann ja noch werden! Auch hier wäre mir allerdings wichtig, dass die Kamera aus bleibt.

  1. Wo wir gerade bei Mut sind: Hast Du Dich schon einmal etwas getraut zu schreiben, bei dem Du am Ende dennoch da gesessen und Dich für mutig gehalten hast oder dumme Kommentare befürchten musstest?

Das mache ich andauernd, indem ich Kurzgeschichten in dem einen Schreibforum poste, in dem ich die einzige nicht-binäre Person bin und dann genau weiß, dass ich gleich im besten Fall mit Unverständnis, im schlimmsten mit Häme überschüttet werde.
Aber daraus haben sich auch schöne Gespräche und die eine oder andere Aufklärung ergeben, also insgesamt lohnt es sich für mich, mich dem auszusetzen, weil es insgesamt Sichtbarkeit und Verständnis bringt.
Ansonsten tue ich solche Dinge dauernd an Twitter.

  1. Frage an (ehemalige) Selfpublisher: Machst Du Deine Cover selber oder leistest Du Dir einen Designer? Wie läuft es bei Dir in die ein oder andere Richtung ab?

Ich mache sie selbst. Grafikdesign gehört zu den Dingen, die ich recht gut kann, also kaufe ich ein paar passende Stockfotos, zücke das Zeichentablet und lege los. Das ist unkomplizierter – ich muss mit keiner Person diskutieren, ob es nun so aussieht, wie es sollte und ob diese oder jene Änderung noch im Preis inbegriffen ist, sondern mache einfach.

  1. Wie holst Du Dir Rezensenten? Wo findest Du sie? Welche Tipps (auch Blogs, wenn diese die Empfehlungen erlauben) hast Du?

Oh, darin bin ich ziemlich furchtbar und kein Vorbild. Das Buch war schon draußen, da postete ich ein „Joa, will eigentlich irgendwer rezensieren?“ auf Twitter. Also … nein, ich habe dafür nicht wirklich Tipps, ich bin eine Niete in Selbstvermarktung. Leider.

  1. Wie gehst Du mit Rezensionen, negativ und positiv, um? Welche Tipps oder Anmerkungen hast Du für andere Autoren?

Bisher hatte ich ausschließlich positive Rückmeldungen zu meinem Buch, über die ich mich durchgängig gefreut habe. Daher kann ich zur anderen Seite gar nichts sagen. Allerdings ist Erotik auch nicht gerade das Genre, in dem sonderlich viele Rezensionen gepostet werden (leider). Meist wird heimlich gelesen und dann „abgesternt“.

  1. Für alle, die schon mal beim Verlag veröffentlicht haben: Wie läuft dieser Prozess ab? Gibt es Tipps von Deiner Seite? Vor allem Geheimtipps und „nicht nur“, dass man es immer weiter versuchen soll? Wie ist das Gefühl, sein Werk in einer Buchhandlung zu sehen?

(wird weggelassen)

  1. Auch an die Selfpublisher, wie ist das Gefühl, sein Buch in der Handlung zu sehen? Und wie kommt ihr dorthin? Sprecht ihr zum Beispiel die Händler an?

(wird weggelassen, ich veröffentliche Amazon-only)

  1. Möchtest Du jemanden grüßen? Menschen danken? Ihnen hier eine Spalte zur Verfügung stellen?

Ich möchte karlabyrinth grüßen – ohne den Austausch mit sem wäre mein Debüt nicht annähernd so gut geworden und ich bin voller Dankbarkeit. Außerdem ist sey einfach ein toller Mensch.
Und ich möchte die Person grüßen, die mein Buch direkt am Erscheinungsdatum gelesen und mir live Feedback gegeben hat, das mich zu Tränen gerührt hat. Du weißt, wer du bist ❤

  1. Wie beim letzten Mal möchten wir Dir hiermit die Möglichkeit geben, Dich anzubringen, Deine Werke anzupreisen, Werbung zu machen. Und/oder ein Schlusswort hinzuzufügen.

Website
Ich bin furchtbar unbeholfen mit Selbstvermarktung, also … ja, das hier ist mein Buch.
Ihr solltet es lesen, wenn ihr:

  • Nach dem Hype um „Fifty Shades“ mal ein Buch über BDSM lesen wollt, das zeigt, wie sowas wirklich abläuft (nämlich ganz anders)
  • Schon immer ein Erotikbuch lesen wolltet, das mal KEINE Romanze ist
  • Fantasyelemente mögt, aber gerade keine Lust auf epische Schlachten habt, sondern eher auf was Zwischenmenschliches
  • Für irgendeine Challenge das Buch einer nicht-binären Person lesen wolltet, aber bisher einfach keins gefunden habt, das euch anspricht – vielleicht gefällt euch ja meins?

Und zum Schluss danke ich dem Bambusblatt-Team für diese Möglichkeit!

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